Forschungsprojekt der Professur für systematische und historische Kommunikationswissenschaft

Krise und Wandel der Medien – Folgen für das journalistische Handeln?

Ende April 2014 wurde ein vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördertes Forschungsprojekt am Departement für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung DCM abgeschlossen, das die Folgen der konjunkturellen Krise und der strukturellen Veränderungen in der Medienlandschaft für den Journalismus untersuchte. Unter der Leitung von Prof. Dr. Philomen Schönhagen und Prof. Dr. Dominique Bourgeois ging die Doktorandin Brigitte Hofstetter der Frage nach, inwiefern die Einführung crossmedialer Nachrichtenproduktion das journalistische Arbeiten und damit auch die Medieninhalte verändert.

Untersucht wurden die Redaktionen von sechs Tageszeitungen in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz, die sich in unterschiedlichen Stadien der Umstellung hin zu verstärkter crossmedialer Nachrichtenproduktion befanden. Insgesamt wurden 30 teilstrukturierte Interviews mit Chefredaktoren, Verlegern und Journalisten durchgeführt und mit computergestützter Inhaltsanalyse ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass die angestrebte crossmediale Nachrichtenproduktion vorwiegend im Bereich des Informationsaustauschs und der Themenplanung realisiert wird. Weil die medienübergreifende Konzeption und Publikation eines Beitrags einen erheblichen Koordinationsaufwand erfordert und  häufig zugleich Personalressourcen abgebaut wurden, können die Potenziale redaktioneller Konvergenz letztlich kaum ausgeschöpft werden. Die Journalistinnen und Journalisten in crossmedialen Redaktionen erwerben zwar neue (multimediale) Kompetenzen, die im heutigen Arbeitsmarkt wichtig erscheinen, leiden aber zugleich unter zunehmendem Zeitdruck und Stress sowie längeren Arbeitszeiten. Diese Befunde unterstreichen Erkenntnisse, die zu anderen Ländern vorliegen.

Mit Blick auf die journalistische Qualität erscheint besonders bedenklich, dass der Onlinekanal zunehmend das Tempo für die gesamte Berichterstattung vorgibt. Damit breiten sich Arbeitsweisen des von den Befragten sogenannten „Blitzjournalismus“, mit oberflächlicherer Recherche und einer Orientierung an Klickraten, aus. In der Studie konnte ergänzend zum Forschungsstand gezeigt werden, dass dies nicht nur zu erhöhter Fehlerhäufigkeit führt, sondern auch zentrale journalistische Kompetenzen wie der Aufbau von Informantennetzwerken verloren gehen. Damit besteht eine direkte Gefahr von Qualitätsverlusten (abnehmende Rechercheleistung, Fehler), wie auch eine indirekte, da sich diese Kompetenzen als entscheidende Grundlage für Handlungsspielräume der Journalisten erweisen. Diese werden genutzt, um wenig sinnvollen Strukturveränderungen entgegenzuwirken. Dabei werden insbesondere jüngere Generationen Handlungsmöglichkeiten einbüssen, zumal sie sich mit ihren erweiterten multimedialen Kompetenzen ohnehin stärker an die neuen, crossmedialen Strukturen anpassen.

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