Prof. Dr. Heinrich Bortis – die Emanzipation des Geistes

«Es ist nicht schwierig, auf gestellte Fragen die richtige Antwort zu finden. Das Schwierige ist, die relevanten Fragen zu stellen.» Dies pflegte Professor Bortis seinen DoktorandInnen mitzugeben – nicht ohne den leicht schalkhaften und bewusst provozierenden Hinweis auf Karl Marx, dem er das Zitat zuschrieb.

Prof Bortis
Prof. Dr. Heinrich Bortis

In der Tat provozierte Professor Bortis ganze Generationen von Studenten unserer Fakultät zum selbständigen Fragen und Denken. Während der ersten Jahre seiner Lehrtätigkeit hielt er die Einführungsvorlesung in Volkswirtschaftslehre; er führte zudem in die Theoriegeschichte und in die Wirtschaftsgeschichte ein, und er las für die Fortgeschrittenen Wirtschaftstheorie. Damit hielt er, wie es Prof. Stephanie Teufel im Willkommensgruss zu seiner Abschiedsvorlesung von Anfang Oktober 2015 ausdrückte, während seiner langen Tätigkeit an der Universität Freiburg praktisch drei Lehrstühle inne. Mit beeindruckender Konstanz veröffentlicht er bis heute Beiträge in internationalen Fachzeitschriften und Sammelwerken. In seinem Werk wird die Beschäftigungstheorie von Keynes auf eine langfristige Grundlage gelegt, indem sie mit der «klassischen» Sicht einer gesellschaftlich und institutionell bestimmten Verteilung gepaart wird. Geschichte und Theorie werden in diesem Ansatz zu Komplementen; Wirtschaftstheorie wird zur Politischen Ökonomie auf historischer Grundlage.

Die ausführlichste Darstellung dieses Programms findet sich in seinem Hauptwerk Institutions, Behaviour and Economic Theory: A Contribution to Classical-Keynesian Political Economy (1997: Cambridge University Press). Das Buch wurde nach Erscheinen sowohl im Journal of Economic Literature wie auch im Economic Journal ausführlich besprochen – ein schöner, wenn auch noch sehr vorläufiger, Schlusspunkt, wurde doch das Economic Journal von 1912 bis 1944 von John Maynard Keynes herausgegeben und wesentlich geprägt. Von Keynes stammt auch ein weiteres, von Professor Bortis oft wiedergegebenes Zitat (aus The End of Laissez-Faire), wonach die Beschäftigung mit Theoriegeschichte eine «notwendige Vorbedingung zur Emanzipation des Geistes» ist.

Professor Heinrich Bortis ist nach 37 Jahren Lehrtätigkeit an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg in den Ruhestand getreten.

 

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