Bericht zum Swiss Digital Summit 2020 - Podiumsdiskussion zu Wirtschaftsinformatik

Das Swiss Digital Summit wird jährlich von der Schweizer Informatikgesellschaft (SI) ausgerichtet und informiert über aktuelle Trends und Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologie. Mit rund 2000 individuellen und institutionellen Mitgliedern ist die SI die grösste Fachgesellschaft für IT-Spezialisten in der Schweiz. Vor kurzem wurde bei der SI von den Professoren Hans-Georg Fill und Edy Portmann des Departements für Informatik der Universität Fribourg die SI-Fachgruppe Wirtschaftsinformatik gegründet. Diese hat das Ziel, eine Plattform zur Vernetzung der Wirtschaftsinformatikerinnen und Wirtschaftsinformatiker aus allen Regionen der Schweiz zu bieten und so die Digitalisierung für Unternehmen, die Gesellschaft und Individuen voranzutreiben und zu unterstützen. Die Teilnahme an der Fachgruppe steht allen Interessierten im Rahmen einer SI-Mitgliedschaft offen (https://swissinformatics.org/en/communities/sig/business-informatics/).

Das diesjährige Digital Summit musste aufgrund der Corona-Situation am 8. Oktober 2020 online durchgeführt werden. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion zu "Business Informatics Today", die von Prof. Portmann moderiert wurde, diskutierten internationale Fachleute aus der wirtschaftsinformatik, welchen Herausforderungen sich das Fachgebiet derzeit gegenübersieht und welche Lösungsansätze bereitstehen. Prof.

Portmann eröffnete die Podiumsdiskussion mit dem Hinweis auf die Brückenfunktion der Wirtschaftsinformatik in der Digitalisierung, als Vermittlerin zwischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Anforderungen einerseits und informationstechnischen Lösungen aus der Informatik andererseits.

Darauf folgte Prof. Hubert Österle, Universität St. Gallen, mit der Betonung der Notwendigkeit einer gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik, die in den letzten Jahren in Europa vernachlässigt wurde und die für die Relevanz der Disziplin und die Qualifikation ihrer Absolventinnen und Absolventen von zentraler Bedeutung ist. Insbesondere ging er auf die Unterschiede zwischen US-amerikanischer Forschung im Bereich Information Systems und der gestaltungsorientierten Tradition der Wirtschaftsinformatik europäischer Prägung ein. Als Lösungsansatz schlug er vor, vermehrt anwendungsorientierte, ingenieurwissenschaftliche Forschung zu forcieren, die nicht nur auf als gemeinhin wertvoll erachtete wissenschaftliche Veröffentlichungen abzielt, sondern insbesondere die Entwicklung von relevanten IT-Lösungen gemeinsam mit Unternehmen und für die Wirtschaft und Gesellschaft verfolgt.

Im nächsten Beitrag fokussierte Prof. Stefan Strecker, Fernuniversität Hagen und ehemaliger Sprecher des Fachbereichs Wirtschaftsinformatik der deutschen Gesellschaft für Informatik, auf die Integration von Industrie, Wissenschaft und Ausbildung. Er gab Einblicke in die erfolgreiche Arbeit des Fachbereichs Wirtschaftsinformatik in der GI, der mit über 1000 Mitgliedern zu einem der grössten Fachbereiche der GI zählt. Neben einer grossen thematischen Breite in Form von über 20 Arbeitskreisen engagiert sich der FB WI mit zahlreichen Workshops, Konferenzen und Journalen und gibt eine Studienplanempfehlung für Wirtschaftsinformatik heraus. Abschliessend betonte er die grosse Pluralität in der Wirtschaftsinformatik in Form von Akteuren aus Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft und zahlreichen Forschungsthemen und -methoden und wies auf den von ihm betriebenen deutschsprachigen Podcast Perspektiven der Wirtschaftsinformatik hin (https://perspektivenpodcast.podigee.io/).

Als Vertreterin der französischen Wirtschaftsinformatik stellte Prof.

Irina Rychkova von der Universität Paris-1, Pantheon-Sorbonne das MIAGE-Programm (Méthodes Informatiques Appliquées à la Gestion des

Entreprises) vor. MIAGE wird an 20 Universitäten in Frankreich angeboten, u.a. in Paris, Nantes, Bordeaux, Nizza und Lyon. Die Aufnahme von Studierenden in das MIAGE-Programm ist hochselektiv, mit einer Akzeptanzrate von nur 20% aller Bewerberinnen und Bewerber. Das Programm kann auf Französisch oder Englisch absolviert werden und beinhaltet Kernthemen der Wirtschaftsinformatik wie modell-getriebene Entwicklung, Requirements Engineering, Enterprise Architecture Management oder Kurse zur digitalen Transformation. Dozentinnen und Dozenten in MIAGE kommen häufig aus der Industrie und Studierende müssen Pflichtpraktika bei Unternehmen absolvieren. Die Absolventinnen und Absolventen des MIAGE Programms sind auf dem Arbeitsmarkt extrem gefragt, sodass 90% von ihnen binnen drei Monaten nach der Graduierung bereits über eine Anstellung verfügen.

Im letzten Beitrag der Podiumsdiskussion ging Prof. Hans-Georg Fill von der Universität Fribourg auf die Herausforderung ein, in den Wirtschaftsinformatik-Studienprogrammen stets aktuelle Themen der Informationstechnologie zu integrieren. Dies betrifft derzeit beispielsweise Themen wie künstliche Intelligenz und Machine Learning, Data Science und Data Analytics, Informationssicherheit oder Blockchains und Smart Contracts. Als Beispiel führte er den im Jahr 2020 neu gestalteten Bachelor of Science in Wirtschaftsinformatik an der Universität Fribourg an, der nicht nur eine solide Grundausbildung in wirtschaftswissenschaftlichen Fächern und der Informatik, sondern auch Kernfächer der Wirtschaftsinformatik wie Information Systems Modeling, Requirements Engineering, Decision Support und ein Entwicklungsprojekt für Informationssysteme beinhaltet. Darüberhinaus wurden Themen von hoher Relevanz für die Praxis wie Machine Learning, Informationssicherheit und verteilte Systeme in das neue Curriculum integriert (https://www3.unifr.ch/ses/de/studium/bachelor/ba-wirtschaftsinformatik.html).

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